Am Anfang das Ende im Sinn haben

Silvester steht vor der Tür. Die freien Tage geben unseren Gedanken Raum für neue Ideen, Pläne und Vorhaben. Wie wäre es da, die guten Vorsätze fürs neue Jahr mal vom Ende aus zu betrachten. Nicht vom Jahresende, sondern vom Lebensende? Also eine Art Rückwärtsplanung. Zwei Antworten sind hierfür wesentlich. Zum einen, was erwarten wir von uns selbst vor unserem Abschied von dieser Welt. Und was können uns diejenigen auf den Weg geben, die sich vor der Lebensneige befinden. Sozusagen ein letzter Blick über die Schulter und eine Empfehlung an die Zurückgebliebenen es genauso oder besser zu machen.

Die ideale Grabrede oder unser Selbstideal

Stephen R. Covey verweist in seinem Bestseller "The seven habits of highly effective people", dass wir zum Erreichen von persönlicher Unabhängigkeit bereits "am Anfang das Ende im Sinn haben sollten". So kann uns das Nachdenken über unser Lebensende dabei helfen, zu erkennen und herauszuarbeiten, wer wir sein wollen. Oft wird hierzu angeführt, dass wir uns vorstellen sollen, Familie, Freunde und Bekannte dürften nach unserem Ableben eine Grabrede halten. Das, was dort im Idealfall über uns gesagt wird, soll uns in der Gegenwart helfen, die richtigen Schlüsse zu ziehen und jetzt Anpassungen vorzunehmen, wenn wir der Meinung sind, dass noch nicht jeder unserer zukünftigen Redner seinen Text genau kennt. Weil vorschreiben nicht erlaubt ist, müssen wir das vorleben. Und durch ständige Wiederholung dessen, was uns wichtig ist, fällt es allen leichter die richtigen Worte zu finden, wenn es so weit ist.

Grabreden: Teil 1 (Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig)

  • Mutter hatte keine eigene Meinung. Sie wollte nie etwas entscheiden. Den Urlaubsort hat Papa bestimmt. Das TV-Programm hat Oma vorgegeben. Jahrelang in der Firma auf dem gleichen Posten. Sie konnte sich nicht entscheiden, zu welchem Arzt sie geht. Jetzt ist es zu spät!
  • Vater war nie da. Karriere. An Geld hat es nie gemangelt. "Wenn er mal in Rente ist!", hat er immer gesagt. Erreicht hat er sie nun nicht. Und das Geld ist auch weg.
  • Oma war immer lieb, nie ein schlechtes Wort. Ganz ruhig und stoisch die Rolle des 5. Rades am Wagen angenommen. Harmonie, Gleichmacherei und Obrigkeitsdenken. Die hat sich nicht nur von Opa auf dem Kopf rumtanzen lassen. Auf den ist sie jetzt ja auch gefallen.
  • Onkel hatte gelogen, betrogen und alle mit Worten und Taten verletzt. Am Ende war er ganz allein. Selbst sein Verstand hatte ihn verlassen.
  • Opa hatte immer was zu meckern. Zu kalt, zu heiß, zu langsam, zu laut, ... Nie mal ein nettes Wort oder ein lieber Blick. Doch, einmal hat er gelächelt. Im Sterbebett, als die Leichenstarre die Mundwinkel nach oben gezogen hat.

Sterbende bedauern 5 Dinge

Sterbende im Hospiz, zuhause oder im Krankenhaus wurden befragt, was sie am meisten bereuen. Hier die meist genannten Antworten:

  1. Sie würden lieber "machen", statt gemacht zu werden. Sich (er-)kennen und treu bleiben.
  2. Sie würden weniger arbeiten.
  3. Sie würden mutiger Dinge ansprechen, Gefühle ausdrücken und diese in die Tat umsetzen.
  4. Sie würden sich mehr um Familie und Freunde kümmern.
  5. Sie würden freudig das Positive sehen und sich weniger Sorgen über Dinge machen, die eh nicht eingetreten sind.

Machen

Weniger arbeiten

Mut

Familie & Freunde

Positiv


Jetzt kommt der Praxistest. Nicht nur der Jahreswechsel scheint ein guter Zeitpunkt zu sein, die Rückwärtsplanung zu Papier zu bringen. Was muss sich bei euch ändern, damit ihr euch diese Vorwürfe nicht machen braucht. Oder seid ihr schon auf einem guten Weg? Was macht ein Macher anders? Wie hat sich derjenige optimiert, der jetzt bei gleicher Leistung weniger Zeit benötigt? Vertrete ich wirklich meine eigenen Interessen und eigene Meinung? Wann war ich das letzte Mal aktiv, wenn es darum ging Familie und Freunde zusammenzubringen? Und denken muss ich sowieso, warum nicht gleich positiv!

Wenn wir all diese Fragen für uns zufriedenstellend beantworten können, dann kann eines Tages der Zeitpunkt X kommen und alle Redner wissen Bescheid, was sie zu sagen haben. Die Texte könnten dann folgendermaßen lauten:

Grabreden: Teil 2 (Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind gewollt)

  • Mutter war eine Familien-Unternehmerin. Sie wusste immer, was zu tun war. Hatte für alles eine Lösung. Flott war sie, wusste wo's langgeht und ist den Weg auch gegangen. So will ich auch mal werden.
  • Vater war immer für uns da. Klar, er war auch beschäftigt, aber es gab Rituale und feste Zeiten. Am liebsten denke ich an die gemeinsamen Abendessen, unseren Jour fixe in der Werkstatt und seine Briefe, in denen er mich immer bestärkt hat, zurück. Jetzt mache ich es bei meinen Kindern genau so.
  • Oma hat sich die Butter nicht vom Brot nehmen lassen. Sie war streitbar, aber fair. Immer wertschätzend. Die hat sich was getraut, egal mit wem Sie es zu tun hatte. Ließ sich nicht unterkriegen. Viel gereist ist Sie. Eine Abenteurerin. Mein Vorbild.
  • Onkel war beliebt. Zweimal verheiratet und vier stolze Kinder. Immer eine helfende Hand, engagiert im Verein und in der Nachbarschaft. Ich denke gern an die Familienfeste zurück. Ich werde ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
  • Opa hatte immer ein Lächeln und einen lockeren Spruch auf den Lippen. Er hat im Krieg viel mitgemacht, ließ sich aber nicht unterkriegen. Das Glas war immer halb voll. Ich bin heute da, wo ich bin, weil er mir Mut zugesprochen und Ängste genommen hat.

Im nächsten Blog gehen wir genauer auf die 5 Dinge ein.

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Kommentare: 1
  • #1

    B.B. (Mittwoch, 30 Dezember 2020 12:22)

    Halle und guten Morgen.
    Ich habe es gelesen und es spricht mir aus dem Herzen. Ich kann nur von mir sprechen.Man soll das Sterben,nicht dem ZUFALL und nicht den Zurückbleiben überlassen.
    Es heißt :" Wie gelebt, so gestorben.
    Auch meine Beerdigung habe ich geplant. Warum auch nicht ?.
    Geburtstage, Hochzeit das Plant man ja auch alles im Vorfeld.
    Ich habe für meine Kinder alles
    aufgeschrieben , wie ich es mir wünsche. Wenn ich mir vorstelle wie traurig sie sind ,wenn es so weit ist , sind sie bestimmt über den roten Ordner froh, wo alles drinn steht froh.
    Man sollte auch mit ihnen über dieses Thema reden.
    Bekomme Besuch.Bis später.